Nachdem unser Kanuprojekt abgeschlossen ist und das alte Teil in neuem Glanz erstrahlt, wird es nun Zeit, das rote Riesending auch in der Praxis zu testen!
Ich war schon richtig heiß drauf! Das Kanu war fertig, unsere Arbeit getan. Die Plaketten angebracht, die Sitze neu bezogen. Endlich! Es war gerade die Zeit der Überschwemmungen, des Dauerregens und der hohen Wasserstände in Baden-Württemberg. Also verlegten wir die Testfahrt sicherheitshalber auf einen Baggersee. Und das Kanu hielt dicht und fuhr sich super. Jetzt konnte ich es kaum erwarten, mal etwas größere Touren damit zu unternehmen. Die erste echte Paddeltour führte uns dann auf die Brenz bei Heidenheim. Ein paar Fotos davon kannst du auf Instagram sehen.
Aber das große Ziel hieß: Mecklenburgische Seenplatte und Müritz Nationalpark!
Vor einigen Jahren war ich mit meinen Eltern schonmal da gewesen und war von der Landschaft und der Tierwelt begeistert. Wo sonst findet man in Deutschland Kraniche, Seeadler und Fischadler, Eisvögel, Haubentaucher und weitere Seevögel in solcher Fülle? Damals waren wir zu Fuß und mit dem Rad unterwegs. Aber wie wäre es erst, mit dem selbst restaurierten Kanu über die unzähligen Seen zu paddeln und die Landschaft von Wasser aus zu erleben?
Basti’s Semesterferien hatten gerade begonnen da luden wir auch schon das “Bötchen” aufs Dach meines Kombis und fuhren los in den Norden. Unterwegs machten wir einen Zwischenstop bei Freunden in Berlin, die wir 2014 in Island kennen gelernt haben. Die Berliner sind ja einiges gewohnt und sehen bestimmt viel, aber mit dem 5,2 m langen, knallroten Kanu auf dem Dach erregten wir doch ganz schön Aufsehen in der Hauptstadt. Mir war etwas mulmig, das Boot über Nacht auf dem Wagen zu lassen, aber hey, wer trägt schon spontan ein Kanu durch die Straßen davon.
Wir hatten einen wunderschönen Abend bei Birgit in Berlin, die uns durch ihren Kietz führte, und bei der wir auch übernachteten. Wir fühlten uns sehr zuhause. Und das nicht nur, weil Birgit im Prenzlauer Berg wohnt, wo es ja bekannterweise sowieso sehr viele Schwaben hat.
Am nächsten Morgen fuhren wir dann noch gute 1 1/2 Stunden weiter bis hinein in die Seenplatte. In Mirow ließen wir uns schöne Paddelstrecken zeigen, kauften Wasser und Verpflegung und steuerten dann den Waldcampingplatz in Schwarz an. Camping in Deutschland unterscheidet sich in der Regel doch sehr von unserem Empfinden vom Campen. Für mich ist ein Zelt die Möglichkeit an Orten zu übernachten, die außerhalb der Zivilisation liegen und die ich nur erreiche, indem ich meine Unterkunft mit mir führe. Mit den Dauercampern, die um ihren Wohnwagen eine Terrasse bauen, einen Gartenzaun errichten und kleine Gartenzwerge aufstellen hat das nur wenig gemein. Deshalb war der Waldcampingplatz der beste Kompromiss. Unser Zelt schlugen wir etwas abseits in einem Kiefernwäldchen auf, abends saßen wir (fast) alleine am See und es stellte sich heraus, dass der Besitzer des Platzes, Gunnar, ein ziemlich lässiger Typ war, der sehr entspannt und locker den Platz managed. Außerdem ist das Areal eher klein und die Plätze sind verstreut zwischen den Bäumen, sodass nicht dieser WoMo-Parkplatz-Charakter entsteht wo alle dicht an dicht stehen.
Unser Kanu luden wir direkt am campingplatzeigenen Strand des Zethner Sees ab. Schon eigenartig, die Nacht davor ketteten wir das Boot noch an den Dachträger und nur 1 1/2 Autostunden weiter war die Welt so offensichtlich heil, dass wir uns keine Gedanken darüber machten ob irgendwas über Nacht wegkommen könnte. Kam es auch nicht!
Am nächsten Tag war das Wetter nicht ganz so gut, es schaute nach Regen aus. Nicht viel, aber als eher unerfahrene Kanufahrer wollten wir kein Risiko eingehen. Auf einem See von einem Gewitter überrascht zu werden steht nicht gerade auf meiner Wunschliste, also änderten wir unsere geplante Route etwas ab.
(Die eigentliche Strecke wäre eine Rundtour gewesen: Zethner See – Mirower Adlersee – Vilzsee – Diemitzer Schleuse – Labussee – Gobenowsee – Rätzsee – Umsetzen zurück in den Vilzsee – Zethner See)
Wir machten aus der Rundtour eine One-Way-Tour und bogen auf dem Vilzsee nach Norden auf den Mössensee ab. Auf dem Wasser ist ordentlich was los. Kanus, Kajaks, Schlauchboote, aber auch Hausboote die man mieten kann, kleine Motorboote und Segelschiffchen sind unterwegs. Trotzdem gibt es dann wieder Momente, in denen man allein auf dem Wasser ist und nur das leise Plätschern des Wassers am Boot hört. Über den Mössensee gelangt man weiter auf den Zotzensee bevor sich die Wasserstraße zum Mirower Kanal verengt. Kurz vor Mirow biegt der Kanal nach Westen zur Schleuse ab, wir folgten der Wasserstraße weiter direkt nach Mirow auf den Mirower See. Zuerst paddelt man an kleinen Ferienhäuschen vorbei, die auf Pfeilern direkt über das Ufer gebaut sind und im unteren Stockwerk alle eine Bootsgarage haben. Je näher man Mirow kommt, desto größer und imposanter werden die Häuser. Kurz vor der Schlossinsel stehen dann doch ein paar “ganz nette Hütten”, zurückversetzt auf den riesigen Anwesen, mit einem eigenen Bootsanleger und Schiffchen, mit denen man auch gut und gerne über Havel und die Elbe direkt aufs Meer zu einer Kreuzfahrt starten könnte.
Wir paddelten noch an der Schloßinsel vorbei bis auf der rechten Seeseite das Strandhotel Mirow auftauchte. Das Hotel hat neben einem Strandbad auch einen Campingplatz und einen Kanuverleih. Kanus bekommt man übrigens gefühlt an jeder Ecke in der Gegend. Man muss also nicht zwingend mit dem Kanu auf dem Dach durchs ganze Land gurken. Das Personal war jedenfalls total nett und erlaubte uns, das Kanu über Nacht hier zu lassen. Unterwegs hatten wir beschlossen, am nächsten Tag von Mirow aus weiter bis zum großen Müritzsee zu paddeln. Ich mietete mir am Fahrradverleih, der ebenfalls zum Strandhotel gehört, ein Fahrrad und strampelte zurück nach Schwarz um das Auto zu holen. Schon irgendwie frustrierend. Was wir an einem halben Tag gepaddelt sind, fuhr ich in guten 20 Minuten zurück. Aber der Weg ist ja bekanntlich das Ziel und um wirklich mal zu entschleunigen und sich treiben zu lassen ist das Kanu genau das Richtige. Und darum gings ja irgendwie. Basti legte sich so lange in den Schatten und war gerade erst wieder von seinem Nickerchen aufgewacht, als ich mit Rad im Kofferraum wieder auftauchte.
Auf dem Rückweg kauften wir uns für den Abend noch einen Einweggrill, Putensteaks und eine Flasche Wein und ließen anschließend den Abend am See bei Vollmond ausklingen. Ein anderer Campingplatzbewohner setzte sich ein Stück weiter mit seiner Gitarre an den Strand und so hatten wir sogar noch musikalische Untermalung.
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