Materialkunde – alles was Du über Hardshells wissen musst!

 

Die Hardshell ist mitunter die wichtigste Bekleidungsschicht bei Outdooraktivitäten. Wirds draussen mal so richtig ungemütlich, muss sie Wind, Regen und Schnee zuverlässig abhalten. Sie dient dir als Festung gegen die Naturgewalten. Auf was du beim Kauf achten solltest und wie die Hardshells aufgebaut sind, das erkläre ich Dir in diesem Artikel.

 

Hardshell_Titel_GPO

Als Hardshelljacke bezeichnet man die oberste Bekleidungsschicht, bestehend aus einem Mehrlagen-Laminat. Die Hardshelljacke soll Wind und Wasser abhalten und dabei möglichst atmungsaktiv sein.

Aufbau:

2-Lagen-Laminat:

Bei 2-Lagen Laminaten ist die eigentliche Funktionsschicht mit dem Oberstoff verschweißt. In Richtung Körper ist meist ein loses Netz angebracht, damit die Jacke sich angenehmer trägt. 2 lagige Jacken sind nicht ganz so robust, da die funktionelle Membran nur von dem Netz- oder Taftfutter geschützt wird. Sie eignen sich für Freizeittouren mit leichtem Gepäck. In Produktbeschreibungen oder im Namen der Jacke steht oft ein „2L”

3-Lagen-Laminat:

Bei 3-Lagen Jacken liegt die Funktionsmembran geschützt zwischen einem, meist sehr dünnen Futterstoff, und einem robusten Oberstoff. So ist die Membran optimal gegen Abnutzung geschützt. Die Jacken eignen sich für Touren mit schwererem Gepäck, alpine Touren oder Sportarten bei denen sonstige Ausrüstungsgegenstände eng anliegen und/oder an der Jacke scheuern. In der Produktbezeichnung findest du oft ein “3L”.

2,5-Lagen:

Es gibt noch ein Zwischending, sogenannte 2,5-lagige Jacken. Dabei ist zum Körper gewandt ein Netzfutter oder punktueller Schutz auflaminiert.

Atmungsaktivität:

Die Atmungsaktivität der Membran wird entweder in der Einheit g/m2/24h (Moisture Vapor Transmission Rate MVTR) oder als RET-Wert angegeben. Je höher der MVTR-Wert, desto niedriger der RET-Wert. Ab 10.000 g/m2/24h ist eine Membran sehr atmungsaktiv. Der RET-Wert wird in 4 Kategorien eingeteilt:

0-6: sehr gute Wasserdampfdurchlässigkeit

6-13: gute Durchlässigkeit

13-20: zufriedenstellende Durchlässigkeit

20: unbefriedigende Durchlässigkeit

 

Wasserdichtigkeit:

Die Resistenz gegen Wasser von Außen wird mit der Wassersäule beschrieben. Dabei werden extrem hohe Zahlen in den Raum geworfen und man denk: Wer braucht das? Allerdings hat man in Bereichen, auf die mechanische Belastung oder Druck ausgeübt wird, schnell Stellen geschaffen, an denen das Wasser regelrecht einmassiert wird. Zum Beispiel Rucksackträger, Armbeugen, der Hosenboden beim Sitzen oder die Seiten an denen die Ärmel streifen. Ab 1.300 mm gilt eine Membran laut EN 343 als Wasserdicht, viele Hersteller geben für ihre Produkte jedoch deutlich höhere Werte an.

Sympatex gibt verschiedene Alltagssituationen an, in denen der Wasserdruck stark ansteigen kann. So lasten zum Beispiel bei einer knienden Frau mit 60 kg Körpergewicht 1,3 Bar Druck auf dem Material im Kniebereich, was einer Wassersäule von 13.000 mm entspricht. GORE-TEX und Sympatex geben für ihre Membranen zum Beispiel zwischen > 20.000 mm und bis zu > 45.000 mm an. Ab ca. 20.000 mm ist die Performance meiner Meinung nach als ordentlich und ausreichend einzustufen.

Membrantypen:

Der wohl bekannteste Hersteller von wasserdichten Laminaten ist wohl GORE-TEX

Es gibt vom Hersteller unterschiedliche Membranen, die sich in Funktion, Einsatzgebiet, Robustheit und natürlich Preis unterscheiden

Funktionsweise:

Die GORE-Membran besteht aus mikroporösem Polytetraflourethylen (ePTFE), die ca. 1,3 Milliarden Poren/cm2 besitzt. Diese Poren sind ca. 20.000 mal kleiner als Wassertropfen, aber ca. 770 mal größer als Wasserdampfmoleküle. Die Funktion dieser Membranen beruht also auf 2 chemischen und physikalischen Grundregeln. Nummer 1: Wasserdampf ist deutlich kleiner als Wasser in flüssiger Form. Also kann Wasserdampf von Innen nach aussen diffundieren, Regen von Außen gelangt aber nicht nach Innen. So weit so gut. Das Ganze klappt aber nur, wenn es, Regel Nummer 2, einen Temperatur- und Feuchtigkeitsunterschied zwischen Jackeninnen- und Jackenaußenseite gibt. Nur so kann der Wasserdampf nach außen gelangen. Hat es also Draussen 35 Grad und 98% Luftfeuchtigkeit, dann bringt dir die teuerste Jacke nichts, weil du auch darin im eigenen Saft garen wirst. Bei der Pflege gilt: Auch die robusteste Jacke freut sich über Pflege. Die Mikroporen können durch Schweiß oder Dreck „verstopfen“ und so die Funktionsweise, gerade die Atmungsaktivität eingeschränkt werden. Wie man seine Jacke am Besten pflegt, folgt demnächst.

Die verschiedenen Membranen aus dem Hause GORE:

GORE-TEX:

RET-Wert von 6-13, in 2 und 3 Lagen Varianten. Einstieg und Allrounder der GORE Produktreihe. Die Produkte sind noch einigermaßen bezahlbar und schützen zuverlässig vor Wind und Regen. Bei der Atmungsaktivität muss man gewisse Einschränkungen hinnehmen. Starke Schwitzer oder für schweißtreibende Einsätze sollten andere Membranen gewählt werden.

GORE-TEX Pro:

RET-Wert von 4, meist 3-Lagen. Sehr robust. Seit 2014 oder 2015 gibt es eine neue Version der PRO-Shell. Sie soll nochmals atmungsaktiver (früher RET-Wert von ca. 6) geworden sein und dabei rund 28% leichter als das alte PRO-Material. An Jacken (und andere Bekleidungsstücke) mit einer PRO-Membran sind meist sehr abriebfeste und robuste Oberstoffe verbaut, die für anspruchsvolle Aktivitäten ausgelegt sind. Meist zeigt sich dies auch im Schnitt und weiteren Ausstattung der Jacke (Wasserdichte Reißverschlüsse, evtl. Schneefang, einstellbare Kapuze, sportlicher und engerer Schnitt, Anordnung der Taschen für Erreichbarkeit mit Klettergurt etc.)

GORE-TEX Active:

RET-Wert < 3, also für sehr schweisstreibende Aktivitäten, jedoch nicht so robust wie die Pro-Shell und dadurch auch nur bedingt rucksacktauglich. Produkte mit Active-Shell sind meist auf minimales Gewicht ausgelegt. Die Ausstattung ist daher auch eher minimalistisch gehalten. Es gibt Vorgaben vom Hersteller GORE, wie viel eine Jacke mit Active-Shell maximal wiegen darf und wieviel Meter getapte Nähte maximal verarbeitet werden dürfen (an den geklebten Nähten reduziert sich die Atmungsaktivität, da das Material dort ja gedoppelt werden muss)

GORE-TEX C-knit:

Recht neue Membrantechnologie, die in Punkto Atmungsaktivität und Abriebfestigkeit im Bereich von den PRO-Shells liegt, deren Innenfutter jedoch sehr angenehm zu tragen ist und das Gesamtgewicht der Jacke nochmals um rund 10% reduzieren soll.

Sympatex

Sympatex basiert auf einer anderen Funktionsweise als das Konkurrenzprodukt von GORE. Die Membran ist aus Polyetherester, einer Verkettung aus Polyester- und Polyethermolekülen. Sie besitzt keine Poren und ist im Gegensatz zur GORE-Membran auch umweltfreundlicher und leichter recyclebar. Den Feuchtigkeitstransport übernehmen hydrophile (Wasser anziehende) Moleküle in der sonst hydrophoben (Wasser abstoßende) Membran, die Feuchtigkeit von Innen nach Außen transportieren. Auch hier gilt: Je höher der Temperaturgradient zwischen Innen und Außen, desto besser kann die Feuchtigkeit nach Außen transportiert werden.

Besonderheit der Sympatex-Lösung: Sie ist relativ resistent gegen Verunreinigung, da keine Mikroporen verstopfen können. (Durch Schweiss, Körperfette oder Waschmittelrückstände). Das soll nicht heissen, dass man sich komplett einsauen kann und alles einfach abperlt, sondern einfach, dass die theoretische Funktionsweise der Membran dadurch nicht eingeschränkt wird.

Atmungsaktivität:

Sympatex gibt für ihre Membran einen extrem guten RET-Wert von < 1,5 an. Dieser wird allerdings je nach Kombination von Oberstoff und Futterstoff variieren.

Natürlich gibt es noch unzählige weitere Membranen, die von anderen Firmen hergestellt oder auch als markeneigene Membrantechnologien beworben werden. Fast jeder Hersteller hat mehrere Membrantypen im Sortiment. Dabei muss eine markeneigene Konstruktion nicht unbedingt schlechter sein als das „Markenprodukt“ von GORE oder Sympatex und reicht für normale Einsatzzwecke meist völlig aus. Ab einem gewissen Preisniveau und zunehmender Ausstattung der Jacke findet man allerdings ohnehin immer mehr Produkte aus GORE-TEX. Sympatex ist eher bei schweisstreibenden Sportarten wie MTB/Rennrad, Laufen etc. verbreitet.

 

Was sollte eine gute Hardshelljacke alles können? Die Antwort findest du hier.

 

So weit so gut. Ich hoffe ich konnte einen kleinen Überblick geben und dir bei deiner Kaufentscheidung helfen.

Neben den ganzen harten Fakten ist aber noch eines wichtig:

Die Jacke muss dir gefallen und vor allem gut sitzen! Eine gute Hardshelljacke ist nicht billig und sollte schon deshalb lange halten, gefallen und dir bei deinen Outdoorerlebnissen Freude bereiten. Ausserdem schont es so langfristig deinen Geldbeutel und die Umwelt, denn eine Jacke die 10 Jahre hält ist besser, als jedes Jahr eine Neue zu kaufen.

 

Go play outside!